So gelangt das Abwasser sicher in den Kanal

Das Rohrleitungsnetz in Deutschland altert mit dem Gebäudebestand. Während Rohrbrüche an Frischwasserleitungen sofort auffallen, können Schäden an Abwasserrohren jahrelang unbemerkt bleiben. Neben echten Bruchschäden führen Muffenversatz an Rohrverbindungen und einwachsendes Wurzelwerk zu Wasserverlusten. Da diese Abwässer nicht den Kläranlagen zugeführt werden, sind Umweltschäden möglich. Immer mehr Gemeinden fordern deshalb Dichtigkeitsprüfungen, zumindest in Trinkwasserschutzgebieten.

Für die Gebäudeversicherer bedeuten Rohrbrüche an Ableitungsrohren erheblichen Aufwand. Bei Rohrleitungen außerhalb des Gebäudes sind Reparatur oder Austausch besonders teuer, weil der Boden aufgebaggert werden muss. In neueren Verträgen werden solche Schäden deshalb nicht oder nur begrenzt und gegen Beitragszuschlag versichert. Ist eine Erneuerung der Abwasserentsorgung vorgesehen, kommen dabei anstelle von Steinzeug (Tonrohre) oder Beton weit überwiegend PP-Rohre zum Einsatz. Viele Gründe sprechen dafür.

Rasante Verbreitung

Der Kunststoff Polypropylen (PP) gibt dem PP-Rohr seinen Namen. Gegenüber Polyethylen (PE) zeichnet sich PP durch eine größere Widerstandsfähigkeit und Wärmebeständigkeit aus. Beide Eigenschaften machen ihn zum idealen Material für Abwasserleitungen, durch die auch Warmwasser fließt, zum Beispiel beim Duschen, Kochen oder wenn die Spülmaschine Wasser abpumpt. Nach der erstmaligen Herstellung von PP im Jahr 1951 und der Entwicklung eines für industrielle Anwendungen tauglichen Produktionsverfahrens zwei Jahre später begann der Kunststoff seinen Siegeszug. Von den rund acht Milliarden Tonnen Kunststoff, die seit 1950 weltweit produziert wurden, entfällt etwas mehr als ein Fünftel auf PP – das reicht in der Rangliste für Platz 2 nach PE.

Belastbar und umweltverträglich

So viel Plastik in der Umwelt – ist das wirklich nötig? Zunächst ist festzuhalten: PP gilt als so gut verträglich, dass es sogar für Anwendungen (insbesondere Verpackungen) im Bereich Lebens- und Arzneimittel eingesetzt werden darf. Chemiker bezeichnen PP zudem als „biologisch inert“. Das lateinische Wort bedeutet unbeteiligt oder träge. PP reagiert also mit potenziellen Reaktionspartner in der Umwelt wie Erdreich und Wasser nicht oder nur in sehr geringem Maß. Aus der langen Haltbarkeit folgt aber auch, dass der Kunststoff nicht verrottet. PP ist prinzipiell sehr gut recycelbar, die entsprechenden Wertstoffkreisläufe sind aber noch ausbaufähig.

Auf der Baustelle wird es bunt

Im Inneren von Gebäuden findet man grundsätzlich die grauen PP-Rohre. Dabei handelt es sich um Hochtemperatur-Rohre (HT-Rohre), die bei Abwässern bis zu einer Temperatur von 95 °C formbeständig sind. Erst außerhalb von Gebäuden dürfen Kanalgrundrohre (KG-Rohre) verwendet werden, da sie bei Durchfluss von heißem Wasser ausgasen und giftige Dämpfe in Wohnräume gelangen könnten. Anstelle der weniger stabilen KG-Rohre aus Hart-Polyvinylchlorid (PVC-U) kommt auch hier mehr und mehr das PP-Rohr zum Einsatz. Zur besseren Erkennbarkeit im Erdreich wird es neben dem traditionellen Orange zunehmend aus grünem PP gefertigt.

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